Impuls zum 4. Mai 2025
Von Monika Bossung-Winkler, Diözesanverband Speyer
Scheitern und neu beginnen
Gescheitert?
Krieg in der Ukraine, Krieg in Palästina und auch auf den Libanon fallen Bomben. Bürgerkriege und bewaffnete Konflikte in verschiedenen Ländern des Globalen Südens. Dabei hatten wir nach 1989 doch die Hoffnung, dass zumindest der Ost-West-Konflikt endgültig überwunden wäre. Und dass es auch für andere Konflikte eine gewaltfreie Lösung gäbe. Sind wir gescheitert? Ist jetzt bewiesen, dass „Frieden schaffen ohne Waffen“ eine Illusion ist?
Ähnlich könnten auch die Jünger Jesu empfunden haben – selbst noch nach Ostern. Sie haben zwar von den Frauen gehört, Jesus sei auferstanden, aber denen haben sie sowieso nicht geglaubt. Sie sind dem Auferstandenen begegnet, aber so recht verstanden, haben sie die Auferstehungsbotschaft noch nicht.
Im heutigen Evangelium sind sie erstmal in ihr früheres Leben zurückgekehrt: nach Galiläa, an den See Gennesaret (bei Johannes wird er See von Tiberias genannt).
Neuanfang
Joh 21, 1–19:
In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.
Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.
Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.
Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.
Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.
Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.
Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See.
Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.
Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen.
Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt!
Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren,
zerriss das Netz nicht.
Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.
Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch.
Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.
Eine Gruppe der Jünger um Petrus ist am See. Petrus gibt den Impuls: Ich gehe fischen. Nehmen wir unser früheres Leben wieder auf. Sie fischen die ganze Nacht. Erfolglos. Der Weg zurück in das frühere Leben scheint auch zu scheitern.
Am Morgen steht Jesus am Ufer. Wie so häufig nach Ostern erkennen die Jünger ihn zunächst nicht. Trotzdem folgen sie der Aufforderung, die Netze auf der rechten Seite des Bootes auszuwerfen. Und sie haben überraschend Erfolg. Die Netze sind prall gefüllt.
Ein Dejá-Vu: Das hatten sie zu Beginn ihrer Berufung schon einmal erlebt. Da erkennt Petrus, dass Jesus am Ufer mit ihnen gesprochen hatte. Und ein zweites Dejá-Vu: Jesus teilt Brot und Fisch mit ihnen. Das hatten sie wohl häufiger mit ihm erlebt. Keine andere Erzählung wird in den Evangelien so oft berichtet, wie die Speisung der „Vielen“. Und auch beim Abendmahl verspricht er seine Gegenwart beim Teilen von Brot.
Das Geheimnis des Erfolges beim Fischfang: Werft das Netz auf der anderen (der rechten) Seite aus. Fischt am Tag, nicht wie üblich, in der Nacht. Macht etwas Anderes als ihr gewöhnt seid.
Auf uns übertragen: Lasst uns als Friedensbewegung neue Wege gehen: neue Zielgruppen, neue Methoden, neue Projekte. Manchmal ungewöhnlich, aber vielleicht gerade dadurch wirksam.
Der Neu-Anfang für einen persönlich Gescheiterten
Das Evangelium des Sonntags belässt es aber nicht bei dem Fischfang. Jesus hat noch etwas zu klären. Mit Petrus. Dem Sprecher der Apostel. Der manchmal auch den Mund ein bisschen voll genommen hat. Und der damit voll gescheitert ist. Nach der Verhaftung Jesu wurde er dreimal gefragt, ob er sein Jünger wäre – und dreimal hat er es abgestritten.
Nun stellt ihm Jesus dreimal eine Frage:
Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer!
Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!
Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!
Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.
Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!
Die dreimalige Frage ist mit einem Auftrag verbunden: Petrus soll sich um die „Herde“ Jesu kümmern – also alle, die an ihn glauben. Doch Petrus merkt diesen Auftrag zunächst nicht. Er hört nur die Frage: Liebst du mich? Und er wird traurig, weil Jesus ihn das dreimal fragt. So als ob er ihm nicht glauben würde.
Die dreimalige Frage ist jedoch Petrus‘ Rehabilitation. Mit der dreimaligen Antwort wird das dreimalige Leugnen ausgelöscht. Nun ist er bereit, die Botschaft Jesu zu verkündigen. Er wird es bis nach Rom tun und dort – wie Jesus – hingerichtet werden.
Wenn wir weiterhin sagen: Waffen schaffen keinen Frieden. Waffen schaffen auch keine Sicherheit. Frieden entsteht durch Verhandlungen, welche die Positionen beider berücksichtigen. Frieden entsteht durch Interessenausgleich. Frieden entsteht durch gewaltfreie Konfliktbearbeitung – dann haben wir keine Garantie, dass dieser Weg gelingen wird. Aber es ist der Weg Jesu. Er will nicht mit Waffen vor der Verhaftung gerettet werden. Er vergibt denn, die ihn kreuzigen. Trotzdem vertrauen wir darauf, dass dieser Weg letztendlich erfolgreich sein wird. Wir glauben, dass Jesus auferstanden ist.
Wir wollen beten
Für alle, die unter gewaltsamen Konflikten leiden.
Für alle, welche die Hoffnung auf gewaltfreie Konfliktbearbeitung aufgegeben haben.
Um die Kraft, uns weiterhin gegen Militarisierung zu engagieren.
Um einen gerechten Frieden in der Ukraine und Palästina.
Für die Menschen, die in den Kriegen der Gegenwart ihr Leben verloren haben.
Guter Gott: Oftmals fällt es uns schwer, gegen den Zeitgeist die Botschaft „Frieden schaffen ohne Waffen“ zu verkünden. Zeige uns neue Wege, wie wir Menschen von der Kraft der Gewaltfreiheit überzeugen können. Steh uns bei, wenn wir scheitern. Lass uns auf dem Weg der Gewaltfreiheit die Anwesenheit Jesu erfahren.
Dazu segne uns Gott, Vater und Mutter, Sohn und Heilige Geistkraft. Amen.